Finanz- und Immobilienanlagen

Ein historisch schlechtes Anlagejahr

Das Jahr 2022 geht als ein historisch schlechtes Anlagejahr in die Geschichte ein. Die Rückkehr der Inflation, steigende Zinsen, das Herumreissen des Steuers durch die Notenbanken und der Krieg in der Ukraine setzten den Anlagemärkten arg zu. 

Seit der Finanzkrise wurden die Diskussionen bei den Notenbanken und an den Finanzmärkten in Bezug auf Preisentwicklungen durch Deflationsrisiken1 dominiert. Dass die Inflation zurückkehren könnte, wurde zwar immer wieder angesprochen, aber ernsthaft damit gerechnet hat wohl doch niemand. Anders sind die Verwerfungen an den Finanzmärkten nicht zu erklären. Die Inflation kehrte vor allem in Europa und in den USA mit einer kaum für möglich gehaltenen Wucht in das Bewusstsein der Marktteilnehmer, der Notenbanken, der Politik und der breiten Öffentlichkeit zurück. Die Thesen vieler Notenbanken, wonach es sich bei der Inflation um eine temporäre Erscheinung handelt, hat sich als grobe Fehleinschätzung herausgestellt. Der Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine hat die Situation zusätzlich verschärft, weil sich dadurch vor allem in Europa die Energie- und Lebensmittelpreise drastisch erhöht haben. Als Reaktion haben die Notenbanken das geldpolitische Steuer mit aller Kraft herumgerissen. Sie sahen sich gezwungen, sich von der während zu langer Zeit betriebenen ultraexpansiven Geldpolitik mit tiefen Zinsen zu verabschieden und die Zinsen zu erhöhen. Das wirtschaftliche Wachstum in allen Volkswirtschaften der Welt hat sich deutlich verlangsamt. Vielerorts steht eine Rezession bevor. 

Zeitenwende bei den Zinsen

Für Anleger entwickelte sich das Jahr unter diesen Vorgaben zu einem «annus horribilis» – einem Jahr zum Vergessen. Dass diese Aussage nicht übertrieben ist, zeigt zum Beispiel die Entwicklung eines der wichtigsten weltweiten Obligationen-Indizes (Bloomberg Global Aggregate), welcher das schlechteste Jahr seit 30 Jahren hatte. An den Aktienmärkten ging es vor allem in der ersten Jahreshälfte steil bergab. Hauptverantwortlich für den Ausverkauf an den Aktienmärkten waren die hohen Inflationserwartungen und die damit verbundenen Zinsschritte der Notenbanken. Stark steigende Zinsen drückten die Bewertungen und sinkende Gewinnerwartungen der Unternehmen verstärken den Effekt zusätzlich. Im vergangenen Jahr hat auch der Diversifikationseffekt von Obligationen und Aktien nicht gegriffen. Üblicherweise helfen Obligationen, die Verluste der Aktien teilweise aufzufangen, da deren Kurse häufig ansteigen, wenn Aktienkurse fallen. Die Obligationen haben aber durch die steigenden Zinsen ebenfalls an Wert verloren. So waren es im Jahr 2022 fast ausschliesslich die Immobilien – inländische und ausländische –, welche entgegenhalten konnten und positive Performancebeiträge ablieferten. 

Konkret sieht die Entwicklung unserer Anlageklassen wie folgt aus: Die Aktienmärkte erreichten im September den Tiefpunkt – der MSCI World Index notierte bei –25% – und erholten sich gegen das Jahresende leicht. Unsere Aktien Ausland standen am Jahresende bei –14.2%, die Aktien Schweiz bei –20.3% und die Aktien Schwellenländer bei –23.2%. Die Obligationen Inland korrigierten um 8.7% und die Ausländischen Papiere gingen um 11.2% ins Minus. Die Wandelanleihen konnten sich diesem Sog nicht entziehen und verloren knapp 16%. Die Alternativen Anlagen konnten sich mit –0.8% im Vergleich gut halten. Lichtblicke gab es wie erwähnt bei den Immobilien. Unsere Schweizer Immobilien schlossen um 4.4% und die Immobilien Ausland um 5.4% höher.

Allgemeiner, signifikanter und anhaltender Rückgang des Preisniveaus für Güter und Dienstleistungen. Deflation entsteht, wenn die gesamtwirtschaftliche Nachfrage geringer ist als das gesamtwirtschaftliche Angebot.

Ausblick 2023

Vor einem Jahr haben wir an dieser Stelle geschrieben: Es gilt einmal mehr, sich bewusst zu machen, dass wir als Pensionskasse ein langfristiger Anleger sind und deshalb konsequent an unserer Anlagestrategie festhalten werden – auch bei allfälligen Turbulenzen. Turbulenzen hatten wir und konsequent an der Strategie festgehalten haben wir auch. Rückblickend können wir feststellen, dass sich dieses Verhalten ausbezahlt hat. 

Inflation – gekommen um zu bleiben?

Für das vor uns liegende Jahr wird bedeutend sein, wie sich die Inflation weiterentwickelt und wie lange und wie konsequent die Notenbanken weiter an der Zinsschraube drehen. Eine Rezession in Europa und auch in den USA ist möglich oder gar wahrscheinlich. Das ist grundsätzlich keine gute Voraussetzung für Risikoanlagen. Steigende Zinsen haben aber nicht nur schlechte Seiten. Positiver Effekt der Entwicklung ist, dass die festverzinslichen Papiere, welche neu ausgegeben werden, wieder Coupons haben, wie wir sie lange nicht mehr gesehen haben. Nicht zuletzt ist (endlich) das für die Vorsorgewelt schädliche Negativzinsumfeld im Bereich der Geld-Anlagen weggefallen. So gesehen sehen wir für das Jahr 2023 Licht und Schatten. 

Immobilien überzeugten mit positiver Performance

Im schwierigen und herausfordernden Anlagejahr 2022 erwiesen sich die direkten Immobilienanlagen einmal mehr als «Fels in der Brandung». Im Gegensatz zu anderen Anlageklassen wie beispielsweise Aktien und Obligationen fiel das Ergebnis aus den direkten Immobilien mit einer Performance von rund 4.9% äusserst positiv aus. Sowohl die Cashflow-Rendite von 2.6% wie auch die Wertänderungsrendite von 2.3% lagen über den Erwartungen. Nebst den (letztmals?) höheren Marktwerten trugen der gering ausgefallene Leerstand sowie höhere Mieterträge zum überdurchschnittlichen Ergebnis bei.

Immobilien im Spannungsfeld von Inflation und steigenden Zinsen

Mit dem Ende der Negativzinsen dürfte die lange Phase der Wertsteigerungen auf Immobilienanlagen zu Ende gehen. Boten sich in den vergangenen Jahren wenig interessante Anlagealternativen zum Betongold (wie Investitionen in Immobilien auch genannt werden), so werfen festverzinsliche Anlagen nun wieder einen Zins ab. Aber auch auf dem Immobilienmarkt selber gilt es neben den ansteigenden Zinsen weitere Herausforderungen zu meistern, wie beispielsweise diejenigen der Teuerung2, der Umgang mit Lieferengpässen bei Materialien oder mit energetischen Sanierungen.

Unsere Immobilien – stabil, konservativ und werthaltig

Stehen wir vor einer Immobilienkrise? Wir sehen es durchaus positiv und glauben nein. Wohl dürften Preissteigerungen selbst bei Mehrfamilienhäusern ihr Ende gefunden haben, jedoch beeinflussen sich verschiedene Faktoren auch gegenseitig, weshalb wir von einer Normalisierung (soft landing) auf dem Immobilienmarkt ausgehen. So sind Liegenschaften als Realwertanlage zwar steigenden Zinsen ausgesetzt, andererseits kann der daraus resultierende Abwertungsdruck teilweise durch Mietpreissteigerungen aufgefangen werden. Insbesondere in einem Umfeld, in welchem wenig verfügbarer Wohnraum (tiefe Wohnungsproduktion) auf eine erhöhte Nachfrage (Bevölkerungswachstum) trifft. Bei Neu- und Wiedervermietungen besteht eine marktbedingte Möglichkeit, das Mietzinspotenzial zu realisieren, während sich in absehbarer Zeit auch mietrechtsbedingte Aufschläge auf Bestandesobjekten abzeichnen (Hypothekarzins, Teuerung und allgemeine Kostensteigerung).

Der Konjunkturrückgang, die tiefe Bautätigkeit, normalisierende Material- und Energiepreise bei leicht höheren Lohnkosten sollten dazu führen, dass die Bauteuerung ihre zwischenzeitlich erreichten Höchststände überschritten haben dürfte. Jedoch wird uns das Thema auch weiterhin beschäftigen, wenn auch mit weniger Relevanz.

Auch wenn die relative Attraktivität von Immobilien etwas abgenommen hat, verbleiben sie weiterhin als zuverlässiger Cashflow-Lieferant eine wichtige Stütze unserer Vermögensanlagen. 

2 Innert Jahresfrist sind die Preise im Hochbau um 8.2% gestiegen. Dies zeigt der am 19.12.2022 vom Bundesamt für Statistik für den Oktober 2022 veröffentlichte Baupreisindex.

 

Daniel Zwygart
Leiter Vermögensanlagen
Mitglied der Geschäftsleitung

Entwicklung des Nettoergebnisses aus der Vermögensanlage

  Gesamtvermögen Finanzanlagen Direkte
Immobilienanlagen
ø 10 Jahre 3.94% 3.34% 5.57%
2022 -7.03% -10.61% 4.94%
2021 7.21% 7.82% 4.96%
2020 4.11% 4.31% 3.46%
2019 9.72% 11.50% 4.44%
2018 -3.01% -5.24% 4.52%
2017 8.32% 9.17% 5.29%
2016 7.45% 4.64% 14.96%
2015 0.79% -0.05% 3.59%
2014 6.61% 7.23% 4.34%
2013 6.56% 6.82% 5.62%

Bis 2014 entspricht die Gesamtrendite der Gemeinschaftseinrichtung Previs Service Public. Ab 2015 entspricht sie dem konsolidierten Ergebnis aller Anlagestrategien (Gesamtvermögen). Ab 2017 beinhaltet die Gesamtrendite ebenfalls die Vermögensanlagen der ehemaligen Comunitas Vorsorgestiftung. Aus den Zahlen ab 2015 lassen sich die Renditen für die einzelnen Vorsorgewerke nicht ableiten. Für die Vorsorgewerke ist die Rendite der gewählten Anlagestrategie massgebend, sofern das Werk ganzjährig bei der Previs angeschlossen war.

Strategische/aktuelle Vermögensallokation

Zur effizienten Überwachung und Steuerung der Anlagetätigkeit wird die Anlagestrategie in Anlagekategorien eingeteilt. Die nachfolgende Darstellung zeigt den Vergleich zwischen der strategischen und der aktuellen Allokation per 31. Dezember 2022 der drei aktiven Anlagestrategien.

Vermögensallokation – Anlagestrategie Previs 20

Anlagekategorie Normquote Allokation Bandbreiten
Liquidität 1.0% 0.4% 0 – 20%
Obligationen Inland 13.0% 12.8% 8 – 20%
Obligationen Ausland 20.0% 19.4% 15 – 30%
Wandelobligationen Global 3.0% 2.8% 0 – 5%
Aktien Schweiz 5.0% 5.2% 3 – 7%
Aktien Ausland entwickelt
Aktien Emerging Markets
13.0%
2.0%
13.5%
1.8%
10 – 20%
Alternative Anlagen 9.0% 9.1% 1 – 12%
Immobilien Schweiz 30.0% 30.9% 25 – 35%
Immobilien Ausland 4.0% 4.1% 0 – 7%

 

Vermögensallokation – Anlagestrategie Previs 30

Anlagekategorie Normquote Allokation Bandbreiten
Liquidität 1.0% 0.4% 0 – 15%
Obligationen Inland 10.0% 10.2% 5 – 15%
Obligationen Ausland 14.0% 12.6% 10 – 25%
Wandelobligationen Global 5.0% 4.5% 0 – 6%
Aktien Schweiz 7.0% 7.2% 4 – 11%
Aktien Ausland entwickelt
Aktien Emerging Markets
20.0%
3.0%
20.2%
2.9%
15 – 29%
Alternative Anlagen 10.0% 9.8% 2 – 13%
Immobilien Schweiz 26.0% 27.7% 21 – 31%
Immobilien Ausland 4.0% 4.5% 0 – 7%

 

Vermögensallokation – Anlagestrategie Previs 40

Anlagekategorie Normquote Allokation Bandbreiten
Liquidität 1.0% 2.8% 0 – 10%
Obligationen Inland 8.0% 7.7% 3 – 10%
Obligationen Ausland 11.0% 10.3% 5 – 20%
Wandelobligationen Global 7.0% 6.2% 2 – 10%
Aktien Schweiz 9.0% 9.2% 6 – 12%
Aktien Ausland entwickelt
Aktien Emerging Markets
27.0%
4.0%
27.2%
3.7%
20 – 42%
Alternative Anlagen 12.0% 11.6% 4 – 15%
Immobilien Schweiz 17.0% 16.9% 12 – 22%
Immobilien Ausland 4.0% 4.4% 0 – 7%

 

Faktenblätter der Vorsorgewerke

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